75 Jahre Demokratie in Niedersachsen – Das Emsland gratuliert zum Geburtstag! – Schüler-Filmprojekt im Rahmen des Vorhabens „75 Jahre Demokratie in Niedersachsen – Alles klar!?“ des Niedersächsischen Kultusministeriums

Ein Schüler-Filmprojekt zum 75. Jahrestag Niedersachsens im Jahr 2021. Es wird die historische Entwicklung des Emslandes von 1933 bis zur Gegenwart aufgearbeitet. Der Aspekt der Demokratiebildung seit der Gründung Niedersachsens wird fokussiert.

Das Filmprojektteam besichtigt das ehemalige SA-Denkmal des Konzentrationslagers Neusustrum. Nach der nationalsozialistischen Herrschaft wurde das Denkmal umgewidmet und das Niedersachsenross hinzugefügt.

An dem Filmprojekt sind die Oberschule Dörpen, die Gedenkstätte Esterwegen sowie der regionale Fernsehsender ems TV aus Lingen beteiligt. Das Bundesland Niedersachsen feiert sein 75-jähriges demokratisches Bestehen. Ein Anlass, den die Gedenkstätte Esterwegen 

und die Oberschule Dörpen nutzen möchte, um die wechselvolle Geschichte zwischen dem Emsland – dem einstigen „Armenhaus der Nation“ – und der Landeshauptstadt Hannover zu resümieren.

An dem Filmprojekt sind die Oberschule Dörpen, die Gedenkstätte Esterwegen sowie der regionale Fernsehsender ems TV aus Lingen beteiligt. Am 09. Juli 2021 fand im Moormuseum Geeste der erste Dreh statt. So wurde ein Interview mit dem Leiter des Museums, Dr. Michael Haverkamp, zum Thema „Emslandplan“ geführt. Währenddessen waren 6 Schülerinnen und Schüler mit Rechercheaufgaben für den Off-Text in der Ausstellung beschäftigt. Die Schülerinnen Kris Wortel und Emilie Große waren seit Beginn des Projektes für die An- und Abmoderation der Beiträge zuständig.
Bereits einen Tag später wurde dann die Inselmühle in Haren besichtigt, in der die Geschichte der polnischen Enklave „Maczków“ von 1945 bis 1948 ausgestellt wird. Zunächst machten sich die Schülerinnen einen ersten Eindruck von den neuen Räumlichkeiten sowie der Ausstellung.
Es folgte anschließend ein Interview mit der Leiterin der Inselmühle, Dr. Britta Albers. Die Historikerin schilderte ausführlich, welche Ursachen zu der Besatzung führten und welche Auswirkungen dies auf die Bevölkerung Harens und Maczkóws hatte. Die Zeit der polnischen Enklave im Emsland stellt eine Sonderrolle in der niedersächsischen und deutschen Geschichte dar.
Nach den Sommerferien fanden am 09. September 2021 die nächsten beiden Drehs statt. Zunächst ging es nach Sögel, wo uns der Lokalhistoriker und Vorsitzende des Vereins „Forum Sögel e.V.“, Bernd Eggert, empfing. Der Verein Forum Sögel hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte Sögels und der Umgebung für zukünftige Generationen zu dokumentieren. So besichtigten die Schülerinnen und Schüler die Ausstellung des Vereins und recherchierten Informationen für den entstehenden Off-Text.
Abschließend stellten die Schülerinnen und Schüler Kerzen zum Gedenken an die in Sögel gefallenen kanadischen Soldaten vor der Info-Tafel auf. Nach dem Dreh in Sögel ging es zum Erinnerungsort Wahn, der zwischen Sögel und Lathen liegt; die Ortschaft Wahn wurde 1942/43 im Rahmen der Erweiterung des Kruppschens Schießplatzes zwangsgeräumt.
Zunächst erkundeten die Schülerinnen und Schüler die Überreste des Ortes, währenddessen machte eine Drohnenpilotin von ems TV Luftaufnahmen des ehemals belebten Ortes auf dem Hümmling. Dabei wurde unser Drehteam freundlicherweise von der Presse-Abteilung der WTD 91 mit einer eigenen Drohne unterstützt.
Hierauf folgte ein Interview mit Herrn Willi Masbaum vom Heimatverein Lathen-Wahn. Herr Masbaum hat es sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte des Ortes Wahn auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. So legte er etwa mit seinen Vereinsmitgliedern die Überreste der abgerissenen Kirche (Dom des Hümmlings) frei. Zudem organisiert Herr Masbaum das jährlich stattfindende „Wahner Treffen“, an dem sich ehemalige Dorfbewohner und deren Nachkommen vor Ort treffen und an die Geschichte Wahns erinnern.
Am 15. September 2021 fand ein Dreh auf der Kriegsgräberstätte Aschendorfermoor statt, wo die Opfer des „Herold-Massakers“ beerdigt wurden. Vor Ort war der Grimme-Preisträger Paul Meyer, der hierzu bereits den Dokumentarfilm (1997) „Der Hauptmann von Muffrika“ gedreht hat. In einem ausführlichen Interview ging er auf die schrecklichen Umstände der Tat im April 1945 ein und schilderte viele Details über den Haupttäter, Willi Herold, sowie dessen spätere Verurteilung zum Tode. Abschließend legten die Schülerinnen und Schüler zum Gedenken an die Opfer Blumen nieder und zündeten eine Kerze an.
Am 17. September 2021 folgte der nächste Dreh in Neugnadenfeld. Der Ort wurde 1946 von Flüchtlingen auf dem ehemaligen Gelände des Kriegsgefangenenlagers Alexisdorf (Stalag VI C) gegründet. Begrüßt wurde unsere Gruppe von Christhard Pasternak, 1. Vorsitzender des Vereins Lagerbaracke Alexisdorf-Neugnadenfeld.
Zunächst führte Herr Pasternak unsere Gruppe durch die beeindruckende Ausstellung (Recherchearbeit) im ehemaligen Dorfgemeinschaftshaus. So wurde beispielweise ein Barackenzimmer einer Flüchtlingsfamilie nachgebaut. Die Schülerinnen und Schüler stellten fest, dass einer 5-köpfigen Familie ca. 16 qm zugeteilt wurde, was etwa der Durchschnittsgröße der Kinderzimmer der Schülerinnen und Schüler entspricht.
In einem interessanten Vortrag schilderte Herr Pasternak die Geschichte der Neugnadenfelder, die ursprünglich aus dem schwäbischen Leonberg stammten, dann westlich von Warschau eine deutsche Kolonie der Herrnhuter Brüdergemeinde gegründet hatten und über viele Umwege, mithilfe der Unterstützung des ersten niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf, in die heutige Grafschaft (damals hannoversches Emsland) geflohen waren. Es wurde sogar ein Original-Fluchtwagen aus dem Jahr 1945 ausgestellt, mit dem eine Familie über 1000 km per Pferd bei -20°C geflüchtet war.
Weitere Programmpunkte waren die Besichtigung der renovierten Kirche im spätbarocken Stil, die Erkundung des europäischen Geschichtspfads (Recherchearbeit) sowie eine Gedenkminute auf der Kriegsgräberstätte Grossringe/Neugnadenfeld, auf dem mehr als 1.400 sowjetische Kriegsgefangene ihre letzte Ruhe fanden. In einem weiteren Forschungsprojekt der Gedenkstätte Esterwegen und der 

Gemeinde Geeste wird an der Feststellung der Identitäten und Biografien der Verstorbenen gearbeitet. Am 28. September 2021 besuchte unser Drehteam die Gedenkstätte Esterwegen. Auf dem Gelände stand vor über 75 Jahren das Konzentrations- und Strafgefangenenlager Esterwegen. Zunächst erhielten die Schülerinnen und Schüler eine Führung durch die Ausstellung, anschließend hatten sie Zeit, dass Außengelände frei zu erkunden. Währenddessen machte ein Kameramann von ems TV Luftaufnahmen, die später in der Doku zu sehen sein werden.
Abschließend führten zwei Schüler ein ca. 25-minütiges Interview mit dem emsländischen Landrat Marc-André Burgdorf. Ausführlich ging Herr Burgdorf auf die Arbeit der Gedenkstätte ein und unterstrich dabei ihre Bedeutung bei der Vermittlung demokratischer Werte auch an zukünftige Generationen.
Bereits einen Tag später folgte eine Besichtigung der Kriegsgräberstätte Dalum-Rull, auf der nach neuesten Forschungen etwa 8.000 sowjetische Soldaten in Massengräbern beerdigt wurden.
Vor Ort konnten sich die Schülerinnen und Schüler einen Eindruck von der Arbeit der sogenannten „Herbstschule“ der Gedenkstätte Esterwegen machen. Im Rahmen des Kooperationsprojektes „Boden|Spuren. Gewaltorte als Konfliktlandschaften in der Geschichtskultur“ führten Studierende der Universität Osnabrück in Kooperation mit der Gedenkstätte Esterwegen non-invasive, geophysikalische Messungen durch. Mithilfe interdisziplinärer, geschichtswissenschaftlicher und geophysikalischer, Methoden wurde die Kriegsgräberstätte u.a. dahingehend detektiert, ob die genauen Grablagen von mehreren tausend Kriegsgefangenen ausgewiesen werden können.
Die Befunde sollen später in ein digitales Modell der Kriegsgräberstätte eingebracht werden, das auch, sofern möglich, die Herkunftsregionen der Opfer repräsentiert. Die Gemeinde Geeste arbeitet aktuell an der Realisierung eines Erinnerungsortes am in der Nähe gelegenen ehemaligen Lagerstandort Lager XII Dalum.
Prof. Dr. Christoph Rass, Projektleiter seitens der Universität Osnabrück, nahm sich ausführlich Zeit für die Schülerinnen und Schüler der OBS Dörpen. In einem spannenden Vortrag erklärte er den wissenschaftlichen Forschungsgegenstand des Projektes und die entsprechenden Methoden. Mithilfe der Technik der geomagnetischen Prospektion können beispielweise bewegte Erdschichten und Gegenstände sichtbar gemacht werden. So wurde diese Methode beispielsweise im Vorjahr erfolgreich auf dem ehemaligen Lagergelände Aschendorfermoor eingesetzt, sodass die Grundrisse der Baracken sowie die Umzäunung visualisiert werden konnten.
Auf dem Rückweg besichtigte das Drehteam die ehemaligen Standorte des Strafgefangenenlagers Walchum und des KZs Neusustrum. Anhand von Infotafeln informierten sich die Schülerinnen und Schüler über die Geschichte der beiden Erinnerungsorte.
Zurück in der Schule machten sich die Jugendlichen an die Nachbereitung der Projektanteile. So verschriftlichten sie ihre Erfahrungen und Erlebnisse der letzten Tage und Wochen. Später sollen diese Berichte weiteren Interessierten auf der Homepage der OBS Dörpen zugänglich gemacht werden.
Am 30. Oktober 2021 wurde ein ausführliches Interview mit dem ehemaligen Landrat des Emslandes, Hermann Bröring, geführt. Der heutige Ehrenlandrat und Präsident der Emsländischen Landschaft äußerte sich positiv über die wirtschaftliche Entwicklung des Emslandes. Zudem ging er auf die ambivalente Beziehung des Emslandes zum Land Niedersachsen ein.
Am 7. Oktober 2021 fand der finale Drehtag statt. Zunächst wurde eine Anmoderation zum Thema „Wirtschaftliche Entwicklung des Emslandes“ vor der Kulisse der Meyer-Werft in Papenburg gedreht. Anschließend fuhr das Drehteam zum historischen Dorf nach Neubörger, welches 1988 anlässlich der Gründung des Ortes im Jahre 1788 errichtet wurde. Besucher erhalten einen Eindruck davon, wie das einst strukturschwache Emsland die Lebensverhältnisse der Ansässigen prägte.
Vor Ort wurde eine Abmoderation zum Kapitel „Eine Reise durch die Zeit“ gedreht. Zudem wurde ein Interview mit Lambert Fischer, dem 1. Vorsitzenden des örtlichen Heimatvereins, geführt.
Am Nachmittag wurde dann schließlich die letzte Anmoderation auf dem Schulhof der Oberschule Dörpen gedreht, wobei eine Drohne zum Einsatz kam.
Die Off-Texte für die einzelnen Kapitel wurden von den Schülerinnen in den Herbstferien 2021 beim Sender ems TV in Lingen eingesprochen.
Am 02.11.2021 erfolgte dann schließlich die finale Abnahme des Filmprojektes durch den Projektleiter Henning Müller und den Co-Leiter der Gedenkstätte Herrn Dr. Sebastian Weitkamp. Es wurden noch letzte Änderungen vorgenommen.
Insgesamt gesehen verlief das anspruchsvolle und sehr zeitintensive Projekt wie geplant. Bei kleineren Problemen (Wetter, Krankmeldung von Schülerinnen und Schülern mit speziellen Aufgaben) wurde flexibel gehandelt, sodass der Zeitplan eingehalten werden konnte.

Mit dem Projekt soll den Schülern vor allem bewusst werden, dass eine demokratische Zivilgesellschaft nichts Selbstverständliches ist, sondern von seinen Bürgerinnen und Bürgern täglich „gelebt“ werden muss. Gerade am Beispiel der emsländischen Geschichte lassen sich hieraus Lehren ziehen, was es bedeutet, wenn Menschen ihre demokratischen Freiheiten und Rechte verlieren.

Henning Müller, Projektleiter, Oberschule Dörpen

Ein anspruchsvolles Projekt, das allen Beteiligten die Möglichkeit geboten hat Erfahrungen in verschiedensten Aufgabenbereichen zu sammeln. Sei es im Bereich der Erarbeitung historisch-politischer Zusammenhänge, medialer Aufbereitung von Recherchearbeiten oder der Präsentation vor der Kamera.

von

Ein Film der:
Oberschule Dörpen

in Kooperation mit:
Stiftung Gedenkstätte Esterwegen
ems TV

Gefördert durch

Land Niedersachsen
Landkreis Emsland
Emsländische Landschaft e.V.

Gruppenbild_aus_Zwischenbericht (1)

Ort

Esterwegen

Projektträger

Stiftung Gedenkstätte Esterwegen